Liebe:r ,
Es sind Tage, in denen der Blick in die Nachrichten schwer fällt. Im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt, scheinen diplomatische Initiativen zu verhallen. Das Sterben hält an, der Konflikt eskaliert jeden Tag und jede Nacht weiter. Und die kriegerische Auseinandersetzung zwischen dem Iran und Israel unter Beteiligung der USA wirft, neben dem Entsetzen, dass die Diplomatie vorerst am Ende angekommen scheint, auch völkerrechtliche Fragen auf. Bis wohin ist ein Angriff Selbstverteidigung, wo beginnt der völkerrechtswidrige Angriffskrieg? Oder spielen im Jahr 2025 diese Fragen im Grunde keine Rolle mehr?
Weltweiter Frieden, Sicherheit und Abrüstung. Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Staaten. Förderung der Menschenrechte durch internationale Zusammenarbeit – das sind die Ziele der UN. Globale Kooperation wäre so wichtig wie selten zuvor. Aber die mächtigsten Staaten entziehen der UN ihre finanzielle Basis. Die USA, China und Russland – politische Schwergewichte auf internationalem Parkett – stehen mit insgesamt über zwei Milliarden US-Dollar bei den UN in der Kreide. Das ist kein Nebenschauplatz. Es betrifft das finanzielle Rückgrat einer Organisation, die Frieden sichern, Krisen vorbeugen und Menschen weltweit schützen soll.
In dieser Situation stehen wir Bürger:innen oft am Rand – betroffen, aber machtlos. Die UN kämpft mit Haushaltslücken, während globale Herausforderungen wachsen. Und während Reformen angekündigt werden, wie etwa die UN80-Reform von Generalsekretär António Guterres – sie soll die globale Zusammenarbeit effizienter machen – zeigt sich: Echter Fortschritt und Effizienz bedeuten auch, die Kluft zwischen internationalen Institutionen und den Menschen, denen sie dienen sollen, zu schließen.
Genau hier setzen wir an.
Mit unserem neuen Policy Paper Global Citizens’ Assemblies: Pathways for the UN – Principles, Design, and Implementation zeigen wir, wie globale Bürgerräte eine wirksame Ergänzung zum bestehenden UN-System sein können. Zufällig ausgewählte Menschen aus allen Regionen der Welt diskutieren dort strukturiert und sachlich über globale Fragen – und erarbeiten Empfehlungen, die Entscheidungsträger:innen erreichen.
Unser Vorschlag ist pragmatisch und rechtlich machbar: Ein dauerhafter Rahmen auf Grundlage von Artikel 22 der UN-Charta, der es ermöglicht, solche Versammlungen bei Bedarf einzuberufen. So entstehen nicht nur verbindliche Standards und institutionelles Wissen – es entsteht auch echte Beteiligung.
Denn Vertrauen in internationale Politik wächst nicht durch neue Mottos oder Reformtitel. Es wächst, wenn Menschen erleben, dass ihre Stimme zählt.
Globale Bürgerräte sind kein Allheilmittel. Aber sie schaffen das, was in der heutigen Politik oft fehlt: Raum für Zuhören, Nachdenken und Dialog über Grenzen hinweg. Und sie sind ein Zeichen dafür, dass Demokratie auch jenseits von Nationalstaaten möglich ist – wenn wir den Mut haben, sie neu zu denken.
Die UN80-Reform sollte nicht nur Abläufe effizienter gestalten. Sie sollte dafür sorgen, dass wir als Bürger:innen Teil des Prozesses werden – nicht Zuschauer:innen am Rand.