Das katalanische Unabhängigkeitsreferendum
Am 01. Oktober 2017 wurde in Katalonien ein Referendum zu folgender Frage abgehalten: “Wollen Sie, dass Katalonien ein Unabhängiger Staat in Form einer Republik wird?”. 92 Prozent der Wähler antworteten mit “Ja”.
Die spanischen Behörden hatten versucht, diese Wahl zu verhindern. Drei Wochen vor dem Referendum entschied der Oberste Gerichtshof in Madrid, dass die Wahl illegal sei. In den Wochen vor der Wahl wurden mehrere Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung verhaftet und Wahlurnen und Stimmzettel beschlagnahmt. Am Tag der Abstimmung hinderten spanische Polizeikräfte die Bürger/innen an der Wahl, brachen in Wahlstellen ein und konfiszierten weitere Stimmzettel und Urnen. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Polizisten, Wähler/innen und Demonstrant/innen wurden 900 Bürger und 400 Polizist/innen verletzt.
Am 27. Oktober hat das katalanische Parlament nach wochenlangen Spannungen eine Resolution verabschiedet, die Katalonien zum unabhängigen Staat erklärt. Einige Tage später entschied der Oberste Gerichtshof Spaniens, dass die Resolution ungültig ist. Die spanische Regierung demontierte dann die katalanische Regierung und das Parlament und übernahm die Verwaltung der Region.
Der Europäische Haftbefehl gegen Carles Puigdemont
Der katalanische Präsident Carles Puigdemont und einige seiner Minister flohen nach Belgien. Die spanischen Behörden erließen einen Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont, zogen ihn jedoch am 5. Dezember zurück, als sich herausstellte, dass eine Entscheidung des belgischen Gerichtshofs wahrscheinlich zu einem von Madrid unerwünschten Ergebnis führen würde, einschließlich des permanenten Asyls in Belgien. Neun weitere katalanische Unabhängigkeitsführer wurden jedoch von den spanischen Behörden verhaftet und inhaftiert [in Spanien].
Aber als Puigdemont am 22. März 2018 zu einer Konferenz nach Finnland reiste, stellten die spanischen Behörden schnell den Europäischen Haftbefehl (EAW) mit den gleichen Anklagepunkten wieder aus. Die EU-Vorschriften für den Europäischen Haftbefehl verpflichten jede EU-Regierung, einen Verdächtigen zu verhaften, wenn sie von der ausländischen Regierung dazu aufgefordert wird. Im Laufe des 23. März verließ Puigdemont Finnland, um eine Verhaftung zu vermeiden, und reiste mit dem Auto über Dänemark und Deutschland zu seinem Wohnsitz in Belgien.
Dann wurde er, wie oben beschrieben, durch die deutsche Polizei festgenommen. Medien berichteten, dass die deutsche Polizei auf Anfrage des spanischen Geheimdienstes gehandelt habe, die Puigdemont auf Schritt und Tritt verfolgt hatten. Es stellt sich die Frage, warum er nicht in Finnland oder Dänemark verhaftet wurde. Internationale Beobachter glauben, dass die spanischen Behörden auf eine Verhaftung in Deutschland gehofft haben. Unter anderem, weil Deutschland und Spanien ein gut funktionierendes System zur gegenseitigen Auslieferung von Straftätern haben.
Diese Ereignisse zeigen, dass der Europäische Haftbefehl gegen Puigdemont Teil eines Katz- und Mausspiels ist, das andere europäische Länder in diesen innerspanischen Konflikt hineingezogen hat.
Lösungen durch Demokratie und Gespräche, nicht durch Strafrecht und Polizeieinsatz
Innerhalb Kataloniens hat die Unabhängigkeitsbewegung eine lange Geschichte und ist mit verschiedenen strukturellen Faktoren im kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Bereich verbunden. Seit 1931 fanden in Katalonien insgesamt sechs Volksabstimmungen über größere Autonomie und volle Unabhängigkeit statt. Jedes Mal stimmte eine große Mehrheit für die vorgeschlagenen Änderungen. Es ist daher nicht sehr wahrscheinlich, dass die Unabhängigkeitsbewegung von selbst verblasst.
Deshalb fordern wir, die Sprecher von sieben europäischen demokratischen Organisationen, eine langfristig tragfähige und friedliche Lösung.
Eine solche Lösung kann nur mit demokratischen Mitteln erreicht werden, vorzugsweise durch einen demokratischen Prozess, der in guter Zusammenarbeit zwischen den Vertretern Spaniens und Kataloniens vereinbart wurde. Mit anderen Worten, sie muss durch eine friedliche demokratische Politik und nicht durch strafrechtliche Verfahren und polizeiliche Maßnahmen gelöst werden.
Deshalb fordern wir die spanischen Behörden auf, das Gerichtsverfahren einzustellen, die Gefangenen freizulassen und weitere polizeiliche Maßnahmen gegen demokratische Stimmen zu unterlassen. Wir fordern alle Beteiligten auf, ihr Bestes zu tun, um in Verhandlungen einzutreten und zu einer friedlichen und nachhaltigen Lösung zu gelangen!
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