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Können wir Bürger:innen zutrauen, unsere Energieversorgungsbetriebe durch direkte Demokratie zu organisieren?

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Können wir Bürger:innen zutrauen, unsere Energieversorgungsbetriebe durch direkte Demokratie zu organisieren?

06-02-2023

Weltweit gibt es einen wachsenden Trend zur Rekommunalisierung von Energieversorgungseinrichtungen – Bürger:innen auf lokaler und regionaler Ebene organisieren Energieversorgungsbetriebe neu, mit dem bestmöglichen Ziel des öffentlichen Interesses vor Augen. Portland, eine der größten Städte im US-Bundesstaat Maine, bereitet sich darauf vor, eine Bürger:inneninitiative im November 2023 an die Urnen zu bringen.

Die Hauptorganisator:innen dieser Initiative, Our Power, haben die Petition ins Leben gerufen, um mithilfe des Frusts der Wähler:innen die Stromlandschaft von Maine zu verändern. Die Petition zielt auf ein Referendum ab - ein Instrument der direkten Demokratie, das den Bürger:innen einen direkten Zugang zur Entscheidungsfindung in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse ermöglicht – um die Energieversorgungsbetriebe der Stadt zu rekommunalisieren. Der Hintergrund dieser Kampagne lässt sich im Jahr 2018 finden, als die derzeitigen Energielieferanten, die internationalen Energieriesen Central Maine Power und Versant, trotz längeren sturmbedingten Stromausfällen in der Stadt die Strompreise anhoben und es zudem auffällige Ungenauigkeiten bei Abrechnungen gab. Das löste heftige Gegenreaktionen aus, aus denen die Kampagne entstand.

Unter Rekommunalisierung versteht man im Allgemeinen die Rückgabe von zuvor privatisierten Versorgungseinrichtungen an kommunale Behörden. Der Begriff umfasst regionale oder nationale Initiativen. Heute gibt es in Portland zwei Lager mit unterschiedlichen Ansichten innerhalb der Bürger:innenschaft. Dies zeigt sich an der Gegenpetition, mithilfe welcher Wähler:innen zum Nachdenken über die finanziellen Auswirkungen des Aufkaufs des privaten Sektors angeregt werden sollen. Diese wurde von der Opposition initiiert, die aus privaten Versorgungsunternehmen und einer wachsenden Zahl an Unternehmensgruppen gebildet wird. Die Petent:innen der ursprünglichen Initiative dagegen, sind in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen organisiert, angeführt von Our Power, einer "Gruppe von Kund:innen der Versorgungseinrichtungen, Wirtschaftsführer:innen, Energieexpert:innen, Umweltschützer:innen und anderen, die sich dafür einsetzen, die Energiezukunft des Pine Tree Staates in die Hände der Bürger:innen von Maine zu legen".

Innerhalb der internationalen Gemeinschaft wurden im Laufe der Jahre verschiedene Formen der Rekommunalisierung angestrebt. In Uruguay wurde es eine Menschenrechts- und Verfassungsreformsfrage. Am 31. Oktober 2004 stimmte eine beeindruckende Mehrheit der uruguayischen Bürger:innen in einem während der nationalen Wahlen stattfindendem Referendum für die Aufnahme einer neuen Verfassungsbestimmung, die den Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen als grundlegendes Menschenrecht festhielt. Das Ergebnis des Referendums verbot den Besitz von Wasser als Privateigentum und besagte weiter, dass Wasser eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse sei. Das Referendum wurde von der Nationalen Kommission zur Verteidigung von Wasser und Leben (CNDAV), einem Zusammenschluss von Bewegungen und Organisationen, gefördert. Diese Bottom-up-Initiative zielte darauf ab, die Umweltbelastung, die durch den unzureichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser entstand, zu verringern, sowie die hohen Betriebskosten privater Wasserunternehmen zu senken. Diese Errungenschaft stellte einen wichtigen internationalen Präzedenzfall dar, da es sich um einen der ersten Fälle handelte, in denen ein Umweltrecht durch direkte Demokratie in die Verfassung eines Landes aufgenommen wurde. Eine ähnliche Form der Rekommunalisierung wie in Portland Maine wurde in der Deutschen Stadt Hamburg umgesetzt. Am 22. September 2013 stimmten die Bürger:innen in einem Referendum für die vollständige Rekommunalisierung der Energieverteilungsnetze in der Stadt. Die Kampagne wurde von der Initiative "Unser Hamburg, Unser Netz" angeführt und von einem Bündnis aus über 50 Gruppen unterstützt. Dieses Bündnis entstand aus dem zunehmenden Frust gegenüber dem damaligen Eigentümer des Stromnetzes, Vattenfall, der es versäumt hatte, Investitionsentscheidungen zu treffen, die die Dringlichkeit des Klimawandels reflektierten. Vattenfall besitzt zwei Atomreaktoren in der Nähe von Hamburg, sowie zwei der schmutzigsten Kohlekraftwerke Europas. Ziel der Kampagne war die Gründung eines lokalen Energieversorgungsunternehmens, welches die Stadt mit umweltfreundlicheren, potenziell kostengünstigeren und zuverlässigeren Energiequellen versorgen könnte. Der knappe Sieg von 50,9 % hatte eine bindende Wirkung, und somit begann die Stadtregierung mit der Umsetzung des Volksentscheids, indem sie das Gasverteilungsnetz zurückkaufte. Bislang ist Hamburg bei der Umsetzung des Volksentscheids auf einem guten Weg. Allerdings bleiben zentrale Herausforderungen ungelöst. Insbesondere der Rückkauf des Fernwärmenetzes ist aufgrund von finanziellen Engpässen noch ungewiss.

Es gibt eine klare Nachfrage nach direktdemokratischen Instrumenten bei der Organisation von Versorgungseinrichtungen. Dieser wachsende Trend gibt Bürger:innen zunehmende Macht um zu entscheiden, wie ihre Gemeinden funktionieren sollen. Ähnliche Beispiele gibt es im Deutschen Berlin, in Taiwan und im US-Bundesstaat Colorado. Ob es sich nun um eine Verfassungsreform, wie wir sie in Uruguay gesehen haben, handelt, oder um die Übertragung von Eigentumsrechten, auf die in Hamburg hingearbeitet wird - es ist ermutigend zu sehen, wie direkt demokratische Mittel zunehmend genutzt werden, um Veränderung herbeizuführen. Es wird interessant sein, die Entwicklungen in Portland Maine zu verfolgen, um zu erfahren, wie sich die Bürger:innen die Zukunft ihrer Stromlandschaft vorstellen.

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