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„Durchsetzungsinitiative“ gefährdet die Rechtsstaatlichkeit der Schweiz

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„Durchsetzungsinitiative“ gefährdet die Rechtsstaatlichkeit der Schweiz

22-02-2016

Noch bis zum kommenden Sonntag, den 28. Februar 2016, können die 5,2 Millionen wahlberechtigten Schweizerinnen und Schweizer in einer Volksabstimmung über die sogenannte „Durchsetzungsinitiative“ der Schweizerischen Volkspartei (SVP) befinden. Sie verlangt, dass ausländische Personen automatisch aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn sie bestimmte Straftaten begangen haben.

Wie es Democracy International mit einem Hintergrunddossier aufzeigt, stehen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in einem unauflöslichen Wechselverhältnis zueinander, wobei ein funktionierender Rechtsstaat von den Voraussetzungen der Anerkennung der Menschenrechte, demokratischen Bürgerrechte und dem Grundprinzip der Gewaltenteilung getragen wird.

Ein Ja zur Durchsetzungsinitiative in der Schweiz würde dieses Gleichgewicht von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ins Wanken bringen. Denn die Durchsetzungsinitiative beabsichtigt, die detaillierten Bestimmungen zur Abschiebung von Ausländern unmittelbar in der Verfassung zu verankern und Richtern die Möglichkeit der Einzelfallprüfung auf Verhältnismäßigkeit zu nehmen. Damit würden konkret der Schutz von Minderheiten (hier in der Schweiz lebende Ausländerinnen und Ausländer) sowie die Macht der Richter und des Parlaments eingeschränkt.

„Mit der Durchsetzungsinitiative stößt das politische System der Schweiz mit seinen starken direktdemokratischen Elementen an rechtsstaatliche Grenzen“, so Bruno Kaufmann, Vorstandsmitglied der Nichtregierungsorganisation Democracy International und Schweizer Bürger. „Auch in einer modernen repräsentativen Demokratie mit starken direktdemokratischen Volksrechten braucht es ein Parlament, das Verfassungsgrundsätze in Gesetzesform umsetzt, und ebenso brauchen wir eine Judikative, die bei der Umsetzung der Gesetze in die Rechtspraxis eine wichtige Rolle einnehmen. Die Durchsetzungsinitiative stellt diese Machtteilung in Frage und möchte Volksentscheide mit absolutistischen Befugnissen ausstatten“, so Kaufmann.  

Hintergrund

Die Schweizer Volkspartei (SVP) hatte die Volksabstimmung „Zur Durchsetzung der Aussschaffung krimineller Ausländer“ (Durchsetzungsinitiative) 2012 lanciert, nachdem das Schweizer Stimmvolk bereits am 28. November 2010 mit 52,9% einer Initiative zur „Ausschaffung krimineller Ausländer“ (Ausschaffungsinitiative) zugestimmt hatte. Diese Initiative verpflichtete das Schweizer Parlament, die neuen Verfassungsbestimmungen innerhalb von fünf Jahren umzusetzen, also die bestehenden Gesetze anzupassen. Darauf wollte die am rechten Rande politisierende SVP jedoch nicht warten und startete noch während den parlamentarischen Beratungen zur Umsetzung der „Ausschaffungsinitiative“ die „Durchsetzungsinitiative“. Diese möchte die Bestimmungen zur Ausschaffung unmittelbar in die Verfassung schreiben. In der Schweiz leben zwei Millionen Ausländerinnen und Ausländer, die von der Durchsetzungsinitiative potenziell betroffen wären, darunter auch zahlreiche in der Schweiz geborene und aufgewachsene Einwohnerinnen und Einwohner.

Weitere Volksabstimmungen

Für das Schweizer Stimmvolk stehen bis zum 28. Februar drei weitere Vorlagen an: Die von den Christdemokraten lancierte Volksinitiative „Für Ehe und Familie – gegen Heiratsstrafe“ fordert, dass die Ehe nicht gegenüber anderen Lebensformen benachteiligt wird und schreibt fest, dass der Ehe-Begriff in der Verfassung auf heterosexuelle Partnerschaften eingegrenzt werden soll. Die linke Initiative „Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!“ verlangt ein Verbot von spekulativen Finanzgeschäften in der Schweiz, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Zuletzt steht mit der vom Parlament beschlossenen „Sanierung Gotthard-Straßentunnel“ eine Frage zur Disposition, welche die Schweiz seit Jahrzehnten umtreibt: ob nämlich mit dem Bau einer zweiten Straßen-Röhre durch den Gotthard der seit 1994 in der Bundesverfassung verankerte Alpenschutz noch Gültigkeit besitzen soll. Gegen den Parlamentsbeschluss hatte die Nichtregierungsorganisation „Alpeninitiative“ und Umweltverbände das Referendum ergriffen und dafür über 50'000 Unterschriften gesammelt.

Hintergrunddossier

Was bedeutet der Begriff „Rechtsstaat“, und in welchem Verhältnis stehen Demokratie und Rechtsstaat zueinander? Wann lässt sich sagen, dass ein konkreter Rechtsstaat in Gefahr sei? Democracy International hat diese Fragen mit einem Hintergrunddossier beleuchtet. Zudem beinhaltet es Fragen zur empirischen Untersuchung eines konkreten Rechtsstaats.

This press release is also available in English (see here) as well as the back ground dossier (see English version here).

 

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